Projekt Sekretär: Fertigung der oberen Schubladen

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Die oberen Schubladen waren vom ersten Tag an eine Sache, bei der ich keinen blassen Schimmer hatte, wie ich sie angehen sollte. Das ist auch lange Zeit so geblieben, zuletzt aber habe ich aus den verschiedenen Möglichkeiten zur Fertigung eine ausgewählt, die massive Klötze auf das gewünschte Maß bringt. Die bestehen aus einem Konstruktionsbalken mit 70mm Höhe und fast 100mm Tiefe. Dieser Balken war 2,50 Meter lang und ich habe ihn gleich im Baumarkt zuschneiden lassen, weil es dort eine wagenradgroße Kappsäge gab. Die Stücke entsprechen der Breite der Schubladenfächer abzüglich einem Millimeter Toleranz, nämlich viermal 296mm und viermal 229mm.

Die gerundeten Frontelemente werden später einfach auf fertige Schubkästen aufgeleimt, sodass diese Kästen unabhängig von den Fronten bereits hergestellt werden können. Übrigens auch, was ihre Höhe angeht. Los geht's also mit den Schubkästen, die Frontteile sind später dran.

In der Materialliste ist genügend Leimholz für diesen Zweck aufgeführt. Ich habe aber erneut die 54mm breiten Leisten aus dem alten Lattenrost verwendet, der damit fast vollständig in den Sekretär eingegangen ist. Jedes Schubfach braucht etwa eine Latte (die waren 140cm lang), 8 Stück sollten daher reichen. Die Hälfte habe ich bis auf 40mm abgerichtet, denn die Höhe von 54mm ist zwar für die beiden unteren Schubladenpaare okay, nicht jedoch für die beiden oberen. Das war doppelt nützlich, denn die dabei als Verschnitt gewonnenen Leisten sind bestens geeignet, die Führung der oberen Schubladen nach hinten zu verlängern. Bis hierher werden diese Laden ja nur auf den ersten 100 Millimetern geführt, weil die Schubladen-Zwischenböden tiefer nicht sind. Wichtig ist dabei, dass die Leisten nicht dicker sind als der Zwischenboden, denn unmittelbar über und unter diesem Zwischenboden verläuft ja je eine Lade.

Die soweit behandelten Latten werden nun passend gekürzt. Ich hatte erst vor, jede Schublade in der maximal möglichen Länge im Halbkreis der Seiten des Oberteils zu fertigen, aber das wurde mir dann zu kompliziert. Also habe ich eine Innenraumlänge von 30cm definiert (damit A4 Blätter, Hefte und Blöcke hineinpassen) und alle Schubladen werden nun gleich lang. Folgende Stücke werden benötigt:

Von den 54mm breiten Leisten:

Von der schmaleren Leisten (auf 40mm abgerichtet) werden die gleichen Längen für die oberen Schubladen gefertigt, also nochmal 16 Stücke. Wenn alle fertig sind, erhalten sie die Nut für den Boden.

Zusätzlich praktisch an einer CNC-Fräse ist, dass man sie auch als stationäre Fräse benutzen kann, wobei der Fräser aber nicht von unten, sondern von oben greift. Ich habe einen Nutfräser im geeigneten Abstand neben einem Anschlag positioniert und die Stücke eines nach dem anderen am Anschlag hindurch geschoben. Die Nuten liegen dicht am (später unteren) Rand der Seitenteile, damit sich möglichst viel nutzbarer Innenraum der Laden ergibt. Sie sind 4,5mm breit, damit die in 4mm Stärke gekauften Böden hineinpassen.

Warum 4mm starke Böden - bisher war alles aus 6mm Material? Ganz einfach, erstens sind die 6mm Platten bis auf einige Reste verbraucht und zweitens brauche ich 8mm Material, um die Innenseiten des Rahmenoberteils aufzudoppeln, damit Kassette und gerundeter Frontbogen nach innen eine Ebene zur Aufnahme des Innenaufbaus bilden. Die Reste aus dem Zuschnitt der Schubladenböden lassen sich prima auf 8mm aufdoppeln und das Material ist für diese kleineren Schubladen allemal dick genug.

Aber erstmal zurück zu den Schubladen. Hier rechts der Stand, nachdem alles geschnitten und genutet war. Links die Front- und Rückseiten, rechts die Seitenteile. Die musste ich sorgfältig auseinander halten, denn bei den äußeren Schubladen beträgt ihre Längendifferenz nur 4mm. Im nächsten Schritt werden die Nuten gesäubert und dann werden jeweils 4 Teile zueinander gelegt, die später zu einer Schublade gehören sollen.

Nachdem die Böden zugeschnitten sind (ringsum 5 Millimeter mehr als die Länge der betreffenden Seite), kann, wie im Bild rechts, wieder probehalber zusammengesteckt werden - spätestens seit der Fertigung der Sockelschubladen weiß ich ja, dass das Sinn macht. Boden und Seitenteile passten gut, unter Leimzugabe wurde das ganze also zusammengefügt.

Wichtig bei der Fertigung dieser Schubladen ist die Tatsache, dass die Fronten und Rückseiten genau das Maß der Öffnungen haben - von einem Millimeter Toleranz mal abgesehen. Weil diese Breite aber genau stimmt, dürfen die Seitenteile beim Verleimen nicht über das Außenniveau der Fronten hinausragen. Sie müssen also an den Außenkanten exakt abschließen und dürfen auch in sich nicht nach außen gebogen sein. Es macht außerdem Sinn, die Innenbreite der Schubladenfächer vorab nochmal zu prüfen, denn es ist durchaus wahrscheinlich, dass sie durch die vielen Verleimungen etwas vom gezeichneten Maß abweicht. Ergibt sich eine Abweichung, dann muss die nun bei den Schubladen nachvollzogen werden.

Im Ergebnis dieses Arbeitsschrittes liegen nun alle Schubkästen vor. Das heißt jedoch noch nicht, dass auch alle passen, denn sowohl die Führungen, als auch die Kästen selbst können trotz aller Messung und Prüfung noch leicht verkantet und schief sein. Hier und da musste eine Lade nochmal am Schleifteller entlang, am Ende saßen alle Kästen leichtgängig in ihrem Fach.

 

Fronten

Damit wären wir zurück beim Ausgangsproblem, nämlich der Art der Fertigung der gerundeten Fronten. Bis zuletzt blieb offen, wie es am besten zu machen sei. Die ganz oben abgebildeten Balkenstücke waren windschief, viel zu dick und mehrere Zentimeter zu tief. Da musste also noch mächtig was runter, zur Abrichtung standen der Elektrohobel und die Fräse zur Wahl.

Am Ende habe ich mich für die Fräse entschieden, weil ich damit einfach genauer arbeiten kann. Zunächst wurde jedes Balkenstück an einer Seite plangefräst. Dann wurde die benötigte Höhe eingezeichnet, die sich aus den Zeichnungen ergibt und bei jeder Schublade einer Seite unterschiedlich ist. In mehreren Schritten habe ich das Balkenstück dann mit manueller Fräsersteuerung bis auf die benötigte Höhe abgerichtet. Zurück blieb ein Balken in passender Höhe und Breite, aber eben immer noch ein Balken.

Seine Form erhielt er dann gleich mit dem Schubkasten als Schablone, denn die Schubladen schließen mit der darüber liegenden Ebene jeweils bündig ab, folgen also exakt deren Rundung. Also das Balkenstück einfach ins passende Fach stecken und soweit herausschauen lassen, dass die gesamte Rundung der darüber liegenden Ebene auf den Balken übertragen werden kann.

Bei der Dimensionierung der Frontstärke muss berücksichtigt werden, dass das Stück nicht zu dick ausfällt, denn sonst passt die so verlängerte Schublade nicht mehr komplett ins Schubfach. Es darf aber auch nicht zu dünn ausfallen, sonst ist das Aufsatzstück zu filigran und kann später im Gebrauch leicht beschädigt werden. Wo Platz im Schubfach war, habe ich daher möglichst reichlich Material stehen lassen. Die aufgezeichnete Linie konnte dann an der Bandsäge ausgesägt werden - ruhig etwas grober und dafür aber mit etwas Abstand, denn so genau geht das bei der Stärke von bis zu 6cm ohnehin nicht.

Die Feinarbeit hat dann eine Schleiftrommel im Bohrständer erledigt. Ein Holzrest dient als Unterlage, damit die Schleiftrommel das Werkstück auch auf der gesamtem Höhe erfasst. Drehzahl möglichst gering einstellen, sonst wird es zu heiß. Und vor allem: Werkstück gerade halten, sonst hat man ruckzuck unterschiedliche Schrägen eingeschliffen. Das Ergebnis kann dann nochmal probehalber ins Schubfach, kleine Abweichungen fallen sofort auf und können wieder angezeichnet und nachgebessert werden.

Wenn alle passen, können sie mit den Schubkästen verleimt werden. Das geschieht am besten, indem beide Teile mit Leim bestrichen und wieder zusammen ins Schubfach gesteckt werden. Lange Zwingen verleimen die Teile dann um das Fach herum. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass nichts auswandern kann, weder zur Seite, noch in der Höhe. Das kann ansonsten leicht passieren, denn die Fronten lassen sich nicht gut anpressen - das filigrane Seitenstück ist nur 6mm breit und würde darunter leiden, an der Rundung halten die Zwingen schlecht.

Nachdem auch das erledigt war, konnte gestrichen werden. Ein Anstrich für die kompletten Laden und ein weiterer nur für die Fronten. Letzterer erzeugt einen dunkleren Ton, den auch das umgebende Material noch erhalten wird. Die Politur ist wie immer das Aufwändigste, aber auch die war bald erledigt. Eine Besonderheit bildet die Anbringung der Knaufe, denn dafür gab es keine passenden Schrauben. Schließlich ist die Front zuzüglich der Front des Kastens bis zu 6cm dick und die Knaufe brauchen ein M4 Gewinde. Diese Kombination gab's im Baumarkt nicht, sehr wohl gab es aber spottbillige M4-Gewindestangen. Eine reichte für alle 8 Schubladen. Ausmessen, abdremeln, entgraten, eine Seite in den Knauf, auf die andere eine Mutter - fertig.

 

Führungen

Mit den Schubladen ist eines der schwierigsten Kapitel glücklich zu Ende gegangen - nicht ohne Grund erst jetzt. Nun sind sie zwar gut gelungen und schön anzusehen, aber eine vernünftige Führung nach hinten haben sie noch nicht. Das ist nun der nächste Schritt. Das Material dafür habe ich nicht in die Materialliste aufgenommen, denn da man es später nicht sieht, können hier komplett Reste verbaut werden.

Führungen nach hinten müssen halt dort auch irgendwo befestigt werden - nur gibt es hinten noch nichts, denn der Halbkreis des Innenaufbaus ist hinter den Regalfächern leer. Zunächst wird daher eine stabile Leiste zwischen den beiden Halbkreisen angebracht und zwar ganz unten und ganz hinten. Die Seitenstrebe eines alten Lattenrostes kam dafür gerade recht.

Diese Leiste dient im folgenden als hinterer Anschlagpunkt für eine Anzahl kleinerer Leisten, auf denen die Schubladen nach hinten gleiten. Zusätzlich werden Anschlagklötzchen montiert, an die die Schublade dann anschlägt, wenn sie vorn bündig abschließt. Hier liegt übrigens auch der Grund für die Reihenfolge - das geht erst, wenn die Schubladen fertig sind.

Hat man alle Leisten angebracht, stellt man fest, dass die Schubladen auf dem Weg nach hinten ihr Spiel nutzen und gern etwas schräg einlaufen - je nachdem, wie sie eingedrückt werden. Hinten angekommen schlagen sie dann oft an irgendeinem Aufbauelement an, bevor sie richtig eingefahren sind. Das nervt und daher erhalten sie als letztes Detail noch kleine abgeschrägte Klötzchen als Führungen. Der Winkel der Führungen ist so bemessen, dass er die Schublade auch bei deren maximal möglicher Verkantung auffängt und sanft in ihre gewollte Führung zurückleitet. Fällt der Winkel zu stumpf aus, wird er ebenfalls zum Anschlag.

Mit diesen Details sind die oberen Schubladen und damit auch der gesamte obere Aufbau fertig. Seine Montage und zu guter Letzt die Fertigung der Verschlussklappe sind die nächsten und zugleich auch die letzten Schritte.


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