Schminkspiegel
Der
Schminkspiegel war sozusagen ein Überfall eines Bekannten, der mir ein Katalogbild
zeigte und mich fragte, was ich in welchen Maßen dafür bräuchte. Insofern
ist dies das erste Projekt, in dem ein Fertigprodukt aus dem Katalog für
einen Bruchteil der Kosten nachgebaut wurde - viele weitere dieser Art sollten
über die Jahre folgen.
Zwei Stunden später stand er jedenfalls mit dem fertig zugeschnittenen Material wieder auf der Matte.
Die Konstruktion ist denkbar einfach: Die Stärke des Spiegelglases zuzüglich ein wenig Spiel bestimmt die Breite der Nut in den umgebenden Balken. Ringsum liegt das Glas einen Zentimeter im Material.
Da die Balken (34*54) bereits fertig abgelängt waren, ging es gleich
mit den Nuten los - im Anschluss wurde das Glas eingesetzt und die Konstruktion
mit Hilfe von Holzdübeln verleimt. Die Scharniere erlauben das Abnehmen
der Flügel, sie wurden in das umgebende Material eingelassen - eine Aufgabe
für die Oberfräse
im
Bohrständer, der dann mit einem Kreuztisch bewegt wurde - zu der Zeit war
die CNC-Fräse schließlich noch in weiter Ferne.
Bevor ich die CNC-Fräse gebaut habe, wurde also für maßgenaues Ausfräsen von Oberflächen ein Kreuztisch benutzt - das Bild zeigt, wie man sich so ein Ding vorstellen muss. Eine kleine Oberfläche ist mit einer Unterkonstruktion versehen, die das Bewegen auf zwei Achsen ermöglicht. Ein darüber fest in einem Bohrständer angebrachter Fräser fährt auf diese Art durch das Werkstück, das dazu mit speziellen Klammern an der Nutenplatte der Oberfläche fixiert wird. Das funktioniert für kleine Flächen prima, zum Beispiel eben beim Ausfräsen von Einlassungen für Scharniere.
Oh, nicht zu vergessen: Der Anstrich erfolgt vor dem Zusammenbau, denn die Nuten können später nicht mehr gestrichen werden. Der Spiegel wird dann jedoch die nicht gestrichenen Innenränder der Nuten zeigen, was natürlich nicht schön aussieht - also zuerst streichen. Das vermindert auch die Gefahr des aufquellenden Holzes, das durchaus genügend Kraft erzeugt, um das Glas zu knacken. Nach dem Anstrich merkt man noch rechtzeitig, dass die Nut ggf. zu eng geworden ist.
Die
Gefahr des Glasbruches durch arbeitendes Holz besteht generell, wenn das
Glas in eine Nut eingelassen wird. Zusätzlich kann es nicht ausgetauscht
werden, ohne die ganze Konstruktion zu zerlegen. Ich habe es hier trotzdem
so gemacht, weil ich's halt ausprobieren wollte - normalerweise wird das
Holz aber nur an einer Seite gefalzt, das Glas in die Falz eingelegt und
dann mit dünnen Leisten (Glaserleisten) befestigt. Würde ich beim nächsten
Mal auch so machen - aber es sollte ja schnell gehen...
Die Rückseiten des Glases waren neutral dunkel, der Spiegel sieht damit
auch zugeklappt gut aus - letztlich ist die Beweglichkeit aber nicht
zum Zuklappen gedacht.
Das Holz wurde vor dem Zusammenbau mit Mahagoni-Innenlasur behandelt - ein wunderschöner Farbton, der sich auch bei meinen damals vertriebenen Münzschautafeln als Renner entwickelt hatte.
Bei einer Breite von 120 Zentimetern liegt dieses Stück bei unter 50 Euro Projektkosten, anzuschaffen sind die entsprechenden Balken, das zugeschnittene Spiegelglas und vier Scharniere. Wir hatten zunächst 6 geplant, zwei pro Seite reichen aber satt.