Kleinteilekarussell

In jeder Werkstatt fallen Kleinteile an wie Schrauben, Nägel, Dübel in ungezählten Formen und Größen sowie eine Vielzahl anderer Dinge, die irgendwie gelagert werden wollen.

Dazu gibt es eine ebenso simple wie effektive Methode: man nehme ein leeres Glas mit Schraubverschluss, schraube den Deckel unter ein Brett und das Brett an die Wand. Schon kann man das Glas beliebig oft an den Deckel drehen. Die Unterseite bestehender Wandborde eignet sich natürlich ebenso gut. Diese Methode bringt gleich vier Vorteile auf einmal: die Teile sind sichtbar, weil hinter Glas; sie sind geordnet, weil in vielen Behältnissen untergebracht, sie nehmen keinen anderweitig nutzbaren Stauraum ein und sie sind jederzeit im schnellen und direkten Zugriff. Diese Lösung gibt es, seit es Gläser mit Schraubdeckel gibt, ich habe sie einem Heimwerkerbuch aus den 1950er Jahren entnommen.

Nun erreicht auch die schönste und Platz sparendste Lösung irgendwann ihre Grenzen. Die Werkstattwände sind nicht beliebig lang und man kann die Gläser auch nicht beliebig oft übereinander schichten - die Wände werden für andere Lagerzwecke gebraucht. Nachdem nun an die 100 Gläser verbaut sind, muss die Lösung aktualisiert werden. Neue Gläser stehen bereit, aber sie können nirgendwo mehr hin.

Die Lösung ist das Kleinteilekarussell. Ein Vierkantholz reicht vom Boden bis zur Decke und wird oben und unten von einem Kugellager gehalten, sodass es sich leicht um die eigene Achse dreht. Daran werden mehrere runde Platten befestigt, unter denen wie hier links gezeigt die Gläser bzw. deren Deckel angeordnet sind. Jede Platte fasst 16 Gläser. Davon befinden sich 12 außen und damit im direkten Zugriff und weitere 4 innen für selten benötigte Dinge oder zusätzliche Mengen davon, denn nicht jede Packung passt komplett in ein Glas.

Soweit die Theorie - nun erstmal ab in den Baumarkt. Benötigt wurde Material für 5 Teller mit je 600mm Durchmesser. Solche Stücke liegen dort praktischerweise als Verschnitt herum, brauchen keinen Zuschnitt und kosten daher kaum Geld. Eine Stärke von mindestens 19mm sollten sie aber haben, da die ganz außen hängenden Gläser schon ein wenig Gewicht haben, denn sie sind meist voll mit kleinen Metallteilen. Die Farbe ist egal - es gab braun furnierte Reste und solche ohne Furnier.

Die oben gezeigte Zeichnung wurde also fünfmal gefräst. Die schwarzen Linien nur in 2mm Tiefe, damit Glasdeckel später ohne Suchen oder Messen an die richtigen Positionen geschraubt werden können. Der Rest wird durchgefräst, in 10 Schritten á 2mm. Dann die Ränder glätten und mit dem Viertelstabfräser etwas abrunden - fertig.

Nun werden die Deckel der gesammelten und zunächst natürlich gespülten Gläser aufgeschraubt. Es müssen keine gleichartigen Gläser sein, aber hübscher ist es doch. In den eingefrästen Kreisen lässt sich der Deckel nun problemlos mittig ausrichten, auf den Millimeter kommt es dabei nicht an. Wichtig ist aber, dass der Abstand zwischen zwei Gläsern mindestens so groß ist, dass man noch bequem mit den Fingern dazwischen kommt, um ein Glas greifen und abschrauben zu können. Hat das Glas an irgendeiner Stelle mehr Durchmesser als am Deckel, so ist auch das zu berücksichtigen - bei meinen Gläsern ist das zum Beispiel der Fall.

Der Deckel wird also mittig ausgerichtet und erhält mittels Dorn und Holzhammer drei Löcher. Das vereinfacht das Anschrauben gleich dreifach, denn es stanzt den Deckel durch, heftet ihn an die Platte und schafft eine Mulde, in der die Schraube sofort packt. Kleine Schräubchen besorgen den Rest, drei pro Deckel sind optimal. Diese Übung muss vor dem späteren Zusammenbau erfolgen, wenn man sie später nicht ungleich mühsamer unter der montierten Platte vornehmen will. Mit eingeschraubten Gläsern sieht's dann wie hier rechts aus. Erinnert irgendwie an eine Deckenleuchte - mal festhalten die Idee, vielleicht geht in die Richtung auch noch was...

Deckel waren erstmal für 4 Teller da - das Stanzen und Anschrauben von 16 *4 *3 = 192 Löchern bringt nicht den ganz großen Spaß, ist aber irgendwann erledigt. Dann werden die fertigen Teller auf das Kantholz gesteckt, dessen Seitenstärke natürlich zuvor definiert wurde und maßgebend für das quadratische Loch in der Mitte der Deckel ist. Ein Kantholz ist besser geeignet als eine Stange, weil die Teller sich hier im quadratischen Ausschnitt nicht verdrehen können und die Gläser jedes Tellers bei gleich gefrästen Tellern automatisch genau in der Flucht liegen. Außerdem ergeben sich Flächen für den nächsten Schritt.

Das Projekt Rankgitter ließ Verschnitt aus Tischlerplatten zurück, der hier gut zu gebrauchen war. Zunächst werden Reststücke an der Tischsäge auf gleiche Breite, dann an der Kappsäge auf gleiche Länge gebracht. Am Schleifteller erhalten die nun entstandenen Klötzchen gefaste Kanten und schließlich bringt ihnen die Standbohrmaschine zwei Löcher bei, damit sie beim Anschrauben nicht platzen. Diese Klötzchen werden nun unter und über den Platten an das Kantholz geleimt und verschraubt. Und zwar 4 unter den Teller, die ihn tragen und 2 darüber, die verhindern, dass er kippelt. Mit diesem Schritt wird die Höhe der Teller im Raum und auch ihr Abstand zueinander definiert, er will also geplant sein. Im Bild links sieht die Anordnung aufgrund des Fluchtpunktes schief aus, natürlich sitzen die Teller aber parallel - in etwa jedenfalls.

Jetzt wird die Restekiste umgestülpt und ein wenig improvisiert. Die Plastikfüße eines alten Küchenelementes lassen sich in der Höhe verstellen und die Magnetkerne ausgedienter Schrittmotoren haben ein feine kugelgelagerte Welle. Beides kombiniert mit zwei Klötzen (noch übrig von der Fertigung der Schubladen des Sekretärs) ergibt ein oberes und unteres Lager für den Balken mit den Tellern. In die Klötze werden Aufnahmen gebohrt und die Teile einfach hinein gesteckt - die Küchenfüße werden vorher an der Bandsäge von dem rechteckigen Klotz an der Oberseite befreit.

Dann wird das leere Gerüst aufgestellt und mit den verstellbaren Elementen oben festgeklemmt. Unten ginge ebenso gut, so ist aber die Standfläche größer. Zuletzt kommen die Gläser hinein und fertig ist das Platz sparende Kleinteilekarussell. Es dreht wunderbar in den Lagern der Schrittmotoren und man kommt an jedes Glas mit einem Griff heran.

Zunächst waren 64 Gläser an 4 Tellern angebracht. Es war aber noch ein fünfter Teller da und es ist Platz für 3 weitere vorhanden. Vorher waren in der Ecke gut 50 kleine Gläser an der Wand verschraubt - nun passen im möglichen Endausbau gut 130 große an die gleiche Stelle.

Das Projekt hat einen Tag gedauert und gut 20 Euro an Material gekostet.

Nach dem Umzug in das eigene Haus wurde die inzwischen erprobte Anbringung weiter optimiert. Die verstellbaren Füße der Küchenelemente waren zwar eine schnelle Lösung zur Fixierung im Raum, neigen aber auf Dauer dazu, sich wieder zu lösen, wenn ständig an dem Ding herumgedreht wird. Besser ist es daher, Ober- und Unterseite dauerhaft zu fixieren, denn sollte das Karussell mal umkippen, gibt es einiges einzusammeln. Im Bild rechts nun der aktuelle Standort in der neuen Werkstatt mit an Decke und Boden verdübelten Klötzen. Nachdem neue Gläser gesammelt waren, konnte der fünfte Teller montiert werden, darunter bleibt immer noch ausreichend Platz für anderen Kram. Die Gläser sind schon wieder alle voll, denn ein neues Haus bringt auch Bedarf an neuen Kleinteilen mit sich, die man vorher nicht brauchte. Mit nunmehr 80 Gläsern wird das zukünftige Streben aber eher in eine sinnvollere Lagerung selten benötigter Teile als in den weiteren Ausbau des Karussells gehen. Trotzdem ist das nach wie vor die Platz sparendste Art, viel Kleinkram übersichtlich auf wenig Fläche zu verstauen. Übrigens sind dies sämtlich Mayonnaisegläser und nach Jahrzehnten kam der Hersteller im Frühjahr 2009 auf die glorreiche Idee, deren Form zu ändern. Das macht der Sache ohnehin ein Ende, denn unterschiedliche Formen würden mir nicht gefallen. Ich habe mich natürlich beschwert und die alte Form zurück gefordert, aber man hat trotzdem an der neuen festgehalten. Für einen weiteren Teller wären aber noch Reserven da, mal sehen.