Wanduhr
Ein Geschenk meines Schwagers, in furchtbarem Eiche rustikal und einige Jahrzehnte jenseits ihrer besten Zeiten. Aber es ging ja nicht darum, eine fertige Uhr gleich an die Wand zu bringen, sondern ein Wrack wieder herzustellen.
Dem Original in Eiche war nicht mehr zu helfen - vielleicht ein voreiliger Schluss eines Weichholzfans, aber was hätte ich mit einem so dunklen Stück anfangen sollen? Also habe ich zunächst einmal das alte Gehäuse komplett auseinander genommen. Das hat die Form und die Details jedes Bauteils offenbart und es war nun möglich, die Teile Stück für Stück auf Fichte-Leimholz zu übertragen. Das Aussägen der recht dünnen Strukturen im unteren Bereich war spannend, wider Befürchten blieb aber auch das Nadelholz stabil - nichts brach aus.
Ebenfalls zum ersten Mal habe ich mich hier an einen Zierkranz gewagt, da war es wenig hilfreich, dass es sich gleich um einen gewundenen handelte, der zur Mitte hin deutlich höher wird als an den Außenseiten. Der Kranz besteht aus 44er Kanthölzern - ja richtig, die waren noch immer von der Blockhütte übrig. Die Bretter stammen übrigens auch noch aus dem Raumteiler-Projekt, sodass hier letztlich fast keine Kosten anfielen. Aber zurück zum Kranz: Das 44er Material ist dreifach aufeinander geleimt, dann habe ich die Kontur aufgezeichnet und ausgesägt. Zu guter Letzt erfolgte die Kantenbearbeitung mit dem Hohlkehlfräser.
Das Ziffernblatt war prima in Schuss, eine sorgfältige Reinigung brachte Farbe und Glanz zurück. Weniger gut stand es um die metallenen Teile, zumindest die nicht aus Zinn gefertigten Gewichte, Zeiger und das Pendel waren arg angerostet und brauchten einen Anstrich.
Für solche Zwecke - also gerade für rostendes Metall - habe ich einige Dosen Hammerite Lack beschafft. Hier hatte ich einmal vor, kupferfarbenen und schwarzen Lack zu mischen, um im Anschluss einen dunkelbraunen Ton zu bekommen, der rostfarben aussehen sollte. Das erwies sich als Griff ins Klo und hatte eine 750ml Dose mit einem undefinierbaren Farbton zur Folge, den ich seitdem immer benutze, um Metall zu streichen. Mit diesem Lack wurden also Gewichte, Pendel und Zeiger gestrichen und sahen nun wieder wie neu aus. Die Ergiebigkeit von Lack auf rauen - gerade auf rostigen - Oberflächen erstaunt mich jedes Mal wieder. Einmal Pinsel tunken und das ganze Gewicht ist gestrichen. Das Foto links ist übrigens neuer, die Wände wurden zwischenzeitlich verkleidet und gestrichen - ein anderes Projekt.
Die Zinnelemente rings um das Ziffernblatt benötigten zwar keinen Anstrich, sahen nun aber im Ton gegenüber der neuen Farbe des übrigen Metalls nicht mehr gut aus - sie wurden also gleich mit behandelt. Vor dem Zusammenbau erhielt das Gehäuse eine Schicht Imprägnierung für Nadelhölzer und nach dem Trocknen zwei Anstriche mit Flüssigwachs. Ich wollte hier einen matten Glanz erzeugen, der aber dem Holz die Möglichkeit gibt, selbst nachzudunkeln, statt gleich den Farbton mit Lasur zu bestimmen - ich finde, das ist ganz gut gelungen.
Ein Tropfen Öl ins Getriebe und das Pendel erhielt nach dem Zusammenbau den ersten Schubs seit Jahrzehnten. Die Uhr stammt mindestens aus den 50ern, aber seit über 20 Jahren lag sie auf einem Dachboden. Um so überraschter waren wir, dass sie vom ersten Tag an anstandslos lief und wir haben uns richtig erschrocken, als sie nach ein paar Wochen ganz überraschend ein lautes Ping von sich gab. Das wurde nun nach und nach regelmäßiger und irgendwann konnte man erkennen, welche Zeit sie selbst gerade anzuzeigen glaubte. Wir konnten nun die Stellung der Zeiger anpassen und seitdem läuft sie sprichwörtlich am Schnürchen. Nach den ersten Zehntausend Pings hatte der Spaß daran aber deutlich nachgelassen, sodass wir die Glocke zunächst mit einem Stückchen Watte gedämpft haben, denn gerade so um 23:00 Uhr, wenn vielleicht die Nachrichten noch laufen, kann es sehr nervig sein, die 11 Glockenschläge abzuwarten. Noch später haben wir das linke Gewicht - zuständig für die Glocke - dann blockiert, sodass die Uhr nun ruhig ihren Dienst tut.
Aufgrund der Verwendung von Resten anderer Projekte und dem geschenkten Werkstück fielen hier kaum Kosten an. Der Ziffernbereich ist ringsum mit einer Viertelstab-Zierleiste verkleidet, dieses Element für rund 4 Euro war das Einzige, was für dieses Projekt gekauft werden musste. Das Eiche-Gehäuse des Originals war nach dem Auseinandernehmen und Aufbrechen der alten Leimverbindungen natürlich völlig hinüber - es hat aber immerhin noch einige Stunden wohlige Wärme aus dem Kamin beschert.