Karl May Regal

Ich sammle die Werke von Karl May in den Ausgaben des Verlags Bamberg. Das sind diese verbreiteten recht kleinen Bücher, die es in dieser Form bereits seit vielen Jahrzehnten gibt. Inzwischen (Stand Mitte 2007) habe ich davon etwa zwei Drittel der am Markt verfügbaren Bände zusammen getragen.

Die ersten davon waren vorher auf einem Regal abgestellt, das ich vor einigen Jahren gebastelt und in einem anderen Projekt beschrieben habe. Dummerweise stellte sich heraus, dass es zwar breit genug für die Bücher, der Abstand der unteren Regalböden aber genau einen Zentimeter zu klein war, um sie auch in wachsender Anzahl dort hineinstellen zu können. Ein neues Regal musste also her.

Zwischenzeitlich hatten wir einen großen Bücher-Wandschrank angeschafft. Im Antik-Stil unserer Weichholzeinrichtung hat der eine Front mit seitlichen Säulen und einem geschwungenen Kranzbogen. Das neue Regal sollte diesem Stil folgen, damit es dazu passt. Da ausschließlich die Karl May Bände hineinkommen und das Regal auch restlos gefüllt ist, wenn ich denn mal alle besitze, sollte es ein Themenregal werden, in genau passender Abmessung und entsprechend beschriftet.

Aber zurück zum Start: Für das Möbel habe ich 6 Leimholzbretter in 20mm Stärke und 120*20cm Größe gekauft. Dazu zwei Geländersprossen, die fertig gedrechselt in verschiedenen Stärken und Formen erhältlich sind. Das war's auch schon und hat etwa 35 Euro gekostet, wovon der weitaus größte Teil auf die Säulen entfiel.

Die Bretter wurden nun zunächst schmaler geschnitten, denn die Bücher sind nur 12cm tief. Mit 13 Zentimetern als Tiefe der Regalböden stehen auch die mittleren Böden später minimal hervor und bleiben somit sichtbar - das war das gewählte Maß. Aus den abgeschnittenen Stücken habe ich einige je 2cm breite Streifen geschnitten, bei gleicher Stärke ergab das quadratische Leisten, aus denen die Zierleisten bestehen. Sie wurden nun einfach auf eine Unterlage geschraubt (Schrauben versenken!) und waren dann mit der Oberfräse schnell und einfach zu verzieren. Die geraden Stücke der oberen Zierleiste bestehen aus einer 4cm Leiste, die aus den gleichen Resten entstand. Die Ende mit den Schraublöchern werden dann abgeschnitten und der verbleibende Rest kann als Zierleiste verwendet und entsprechend zugeschnitten werden.

Die größeren Bretter bilden nun die drei Regalböden, den Deckel und die Seitenteile. Aus dem 6. Brett entstand der Bogen mitsamt der daran angebrachten Zierleiste. Das Bild rechts zeigt den Stand der Dinge in einem Stadium noch ohne Zierleisten - hier werden gerade die passend gekürzten Geländersprossen als Säulen verleimt. Die 3 Regalböden und der Deckel sind im Abstand der Buchhöhe (+1cm) mit den Seitenteilen verdübelt. Die Seitenteile ragen 6cm über den Deckel hinaus, das entspricht der Seitenhöhe des oberen Bogens, der von vorn auf das Deckelbrett geleimt ist. Er steht damit um Materialstärke nach vorn ab, was erwünscht war, da dadurch auch seine Zierleisten weiter herausstehen und den 3D Effekt verstärken. Allerdings ist er nicht so breit, wie die Regalböden, denn seitlich sind auf der Stirnseite der Seitenteile zwei Leisten angebracht, die als Basis für die Säulen dienen und dem Schrank mehr Fülle verleihen. Man findet diese Form der optisch verstärkten Seitenteile bei sehr vielen Antikmöbeln, denn sie war früher entweder für die Aufnahme von Säulen oder Zierelementen notwendig oder aber bei großen Stücken für die Beweglichkeit der Türen. Im Badezimmerschrank habe ich diese Optik schon einmal umgesetzt, gerade einfache Möbel erhalten dadurch den Eindruck größerer Fülle und Stabilität.

Die beiden Leisten, die diesen Zweck erfüllen, sind also jeweils auf die Stirnseiten der Seitenteile aufgedübelt. Auch sie stehen damit gegenüber den Regalböden hervor. Der obere Bogen sitzt nun auf gleicher Tiefe zwischen diesen beiden Leisten. Er ist übrigens CNC-gefräst, das hat die Sache vereinfacht und beschleunigt, denn es waren ja auch noch die Zierleisten zu fertigen, die auf dem Bogen sitzen und daher die gleiche geschwungene Form aufweisen. Diese Teile sind aber auch mit der Stichsäge recht einfach auszuschneiden.

Nachdem sie in mehreren Durchgängen á 2mm ausgeschnitten waren, wurden sie weiterbearbeitet und erhielten ihr Zierprofil. Wie zuvor die quadratischen Leisten habe ich sie dazu auf eine Oberfläche geschraubt (am linken und rechten Rand war jeweils Verschnitt eingeplant) und mit der Oberfräse eine Hohlkehle eingebracht. Die beiden Leisten wurden dann versetzt aufeinander geleimt, von der unteren sieht man also nur die Unterkante. Sie benötigte daher auch nur ein einseitiges Zierprofil.

Vor dem Zusammenbau und Verleimen der Komponenten erfolgte noch die Aufschrift. Ich habe eine Schriftart gesucht, die dem Schriftzug auf den Büchern möglichst ähnlich sieht. Exakt die gleiche Schrift habe ich nicht gefunden, aber sie gefällt mir doch ganz gut. Sie wurde mit einem V-Nut Gravurfräser in geringer Tiefe eingebracht und später mit dunklerer Lasur vorsichtig ausgefärbt, so dass sie sich nun in Tiefe und Farbe vom umgebenden Material absetzt.

So ein Schriftzug ist natürlich Geschmackssache. Ich finde, dass er ausgezeichnet zum Stil und Thema des Möbels passt - es soll ja schließlich nichts anderes hinein als diese Bücher. Der farbliche Kontrast ist gelungen.

In den nächsten Schritten wurden nun die verschiedenen Zierleisten angebracht. Das ist eine ziemliche Fummelei, denn man schneidet die nicht vorab plangerecht zu, sondern misst jede einzelne genau aus und fertigt sie dann, wenn sie dran ist. Es kommt bei den Gehrungsschnitten wirklich auf den Millimeter an, kleinste Abweichungen sieht man sofort, da die 45° Ecken der Einzelstücke dann ungenau aufeinander liegen. Jede kleinste Winkelabweichung des Basiskastens ist nachher an den Zierleisten genau zu erkennen, es dauert also eine Weile, bis die alle exakt geschnitten und angebracht sind. Meine elektrische Feinsäge hat dabei wieder beste Dienste geleistet.

In Sache Farbe gab es hier ein Novum, das dieses Möbel zu einem Meilenstein macht. Inzwischen sind viele Dinge entstanden, die mehr oder weniger komplex waren, in Sachen Möbelbau aber durchweg den Touch von Basteleien hatten. Man kann es vielleicht daran festmachen, dass man niemandem glaubhaft versichern könnte, dass die Sachen gekauft wären - man sieht ihnen einfach an, dass sie gebastelt wurden. Hier ist das zum ersten Mal nicht mehr der Fall und das liegt vor allem am Finish - der Oberfläche.

Wie erwähnt kopiert das Stück den Stil unseres Bücherschrankes, mit dem es sich im gleichen Raum befindet. Diesen Schrank hatten wir in den Punkten Stil (Säulen, Bogen, Anzahl Böden, Schublade) und Größe anfertigen lassen. Nun habe ich mich an den Händler gewandt, um für das neue Stück möglichst die gleiche Farbe zu bekommen. Erstanden habe ich dabei ein holländisches Produkt, eine Wachsbeize, die das Möbel einfärbt und die - das wusste ich allerdings zunächst nicht - anschließend poliert wird.

Zunächst war ich nicht sehr angetan, das Zeug stinkt zum Himmel und der Anstrich war weder sehr farbecht, noch besonders deckend. Ein zweiter Anstrich machte es nur wenig besser. Dann habe ich ein Stück Stoff genommen und angefangen, die Oberfläche damit zu polieren - das Ergebnis hat mich schlichtweg umgehauen. Der Profi mag's belächeln, aber das muss man schließlich erstmal herausfinden: Die Wirkung und Farbe ergibt sich erst durch die Politur. Nun hat das Stück exakt die gleiche Farbe wie unsere sonstige Einrichtung und endlich weiß ich, wie man eine hochwertige Oberfläche gestaltet :)

Übrigens: Für den Liter (!) dieser Wachsbeize habe ich 10 Euro bezahlt. Wer Gebindegrößen und Preise üblicher Produkte am Markt kennt, weiß das zu beurteilen. Davon habe ich in späteren Jahren noch viele Liter verbraucht und bin durch Webrecherchen irgendwann auch auf den Hersteller gestoßen, wo es Nachschub und auch unterschiedliche Farbtöne gibt.

Mit der Farbgebung war die Sache abgeschlossen - zwei Stücke Sperrholz waren noch von den Adventskalendern übrig und dienten als Rückwand. Man erkennt, dass ihre Maserung nicht gleich verläuft, aber das Regal wird ja irgendwann voll sein und dann sieht man das nicht mehr. Angebracht ist es übrigens mit einer Schiene und passenden verstellbaren Aufhängern, wie sie für Küchenmöbel benutzt werden.