Barhocker - Polsterung

Nachdem die neuen Hocker nun im Aufbau fertig waren, ging es an die Polsterung. Abgesehen vom Klavierschemel-Projekt bin ich in diesem Thema noch ein unbeschriebenes Blatt und in jenem Projekt war streng genommen auch nicht viel los in Sachen Polstern - ein rundes Leder auf einer dünnen Schicht Vlies befestigen bringt noch nicht die ganz große Erfahrung.

 

Schaumstoff und Vlies

Wenigstens die Materialfrage war aber schon gesetzt. Wir hatten soeben unsere Gartenstuhlauflagen ersetzt, weil die alten nicht mehr schön anzusehen waren. Die habe ich nun aufgeschnitten und hervor kamen schöne große Schaumstoffmatten sowie ein weiches Vlies, in das sie eingehüllt waren. Fein, das konnte gleich weiterverwendet werden.

Zunächst einmal wurde der Hocker umgekehrt auf die Matte gelegt, wobei rundum etwa 5 Zentimeter überstehen sollten. Das war insofern wichtig, als das die Polsterung über den Rand gezogen und von unten befestigt werden sollten. Das überstehende Stück wurde abgeschnitten.

Nun war ein Stück Schaumstoff in passender Größe zugeschnitten. Ich habe einen der anderen Hocker als Unterlage benutzt, es darauf gelegt und den Hocker, dem es zugedacht war, umgekehrt obendrauf gesetzt.

Ein Zwischenschritt sei noch erwähnt, der an dieser Stelle berücksichtigt werden muss: Der Schaumstoff bildet später durch die Rundum-Befestigung einen Hohlraum unter der Sitzmitte, der vorher gefüllt werden muss. Dazu habe ich das Vlies verwendet, mit dem der Schaumstoff praktischerweise bereits umhüllt war. Stoffreste oder alles andere, was weich ist und in dünnen Lagen aufgelegt werden kann, tun es hier genauso gut.

Nun war es Zeit für den Einsatz den Elektrotackers.

Die Bildserie rechts zeigt, wie es weiterging. Zunächst wurde der Schaumstoff genau zwischen jeweils zwei Stuhlbeinen dicht am Rand des Tellers festgetackert, dann noch einmal direkt an der Ecke eines jeden Beines. Damit ergaben sich 8 Befestigungspunkte. Im nächsten Schritt wurde immer zwischen zwei bereits erfolgte Befestigungen eine neue angebracht, bis die Tackerklammern nur noch einen Zwischenraum von etwa zwei Zentimetern zueinander hatten.

Die nun überstehenden Ecken und Kanten des ursprünglich ja quadratischen Schaumstoffstückes wurden nun abgeschnitten - nicht zu dicht an den Klammern, denn sonst reißt das Material dort aus. Als optimale Klammerlänge hat sich ein Wert von 10mm erwiesen - lang genug, um durch den Schaumstoff zu kommen, aber kurz genug, um nicht zu tief ins Holz zu schlagen und etwa auf halbem Weg zu verhungern.

Fertig - der erste Bezug war drauf. Nach der gleichen Methodik ging's nun mit der zweiten Lage weiter - dem weichen Vlies, das dem abschließenden Leder eine weniger raue Unterlage bietet. Somit können sich später alle Lagen noch bewegen und es entstehen keine Falten.

Von dem Vlies war genügend vorhanden, die Art der Anbringung war exakt die gleiche wie beim Schaumstoff. Ich habe es so angebracht, dass die Tackerklammern auch gleich noch eine zweite Befestigungsreihe in den Schaumstoff schlagen und der damit nun wirklich fest saß. Zuletzt wieder die Reste abschneiden und fertig.

Nun fehlte nur noch der krönende Abschluss des Bezugsleders. Das habe ich bei ebay erstanden, wo jemand ganze Häute verkaufte. Daraus habe ich passende Kreise mit jeweils 75 Zentimetern Durchmesser geschnitten - wieder mit einem selbst gemachten Zirkel.

Zuvor aber mussten die nunmehr fertigen Stücke noch gestrichen werden, um später mit frischer Farbe nicht das Leder zu gefährden. Das hätte man sicher auch vor dem Beziehen mit Schaumstoff erledigen können - wichtig ist aber nur, dass es vor dem Deckbezug erfolgt.

Ich habe Teak-Lasur gewählt, das passt gut zum dunklen Leder und das Leder wieder passt gut zum Dekor der Küchenarbeitsplatten. Das Streichen und Trocknen brachte ein paar Tage Verzug ins Projekt, aber dann ging es weiter.

 

Farbe und Leder

Die Vorgehensweise beim Lederbezug war exakt die gleiche wie auch bei den vorangegangenen Schritten. Erst an allen vier Seiten mittig fixieren (dabei auf Spannung halten) und dann an den Ecken.

Da der Lederbezug die beiden vorherigen Stoffe komplett überdecken sollte, musste er an der Unterseite der Hocker weiter innen befestigt werden. Nicht also an der Unterseite der Rundkante, sondern wirklich auf der Unterseite des Hockers. Da aber ist der Platz an den Ecken der Hockerbeine so eng, dass man mit dem Tacker nicht mehr herankommt - hier musste mit Nägeln fixiert werden. Das ist nicht schwieriger, nur etwas aufwändiger. Das Bild zeigt, wie eng die Nägel sitzen müssen, damit es auch wirklich stramm bleibt. Immer einen Nagel oder eine Klammer genau zwischen zwei bereits gesetzte und dabei darauf achten, dass der Lederlappen dazwischen auch genau in der Mitte befestigt wird.

Im letzten Schritt kamen die Polsternagelstreifen zum Einsatz. Der Streifen sieht aus wie eine Reihe einzeln gesetzter Nägel. Da aber tatsächlich nur jeder fünfte ein wirklicher Nagel ist, geht das ruckzuck. Zunächst habe ich eine Reihe genau auf die Kante des Tellers gesetzt - diese Reihe ist später zu sehen und dient der Verschönerung des Hockers. Für die Befestigung spielt sie keine Rolle mehr. Wichtig ist aber, dass darunter eine Reihe kleiner Nägel sitzt (linkes Bild), die den untenliegenden Schaumstoff in engen Abständen an das Holz drücken. Ist die nicht vorhanden, würden sich bei der Verwendung von Polsternagelstreifen Ausbuchtungen bilden, weil der Schaumstoff die Segmente ohne Nagel wieder nach außen drückt. Das führt dann zu einem rundum verlaufenden Streifen, der eher einer Wellenlinie gleicht. Wer einzelne Polsternägel verwendet, hat dieses Problem nicht - in dem Fall braucht es keine Nagelreihe darunter.

Zuletzt kam noch eine weitere Polsternagelreihe unter den Hocker. Die verdeckt die Klammern und Nägel, mit denen das Leder befestigt ist. Das sieht zwar ohnehin niemand, aber ich wollte das lieber verdeckt wissen. Außerdem konnte man nun das überstehende Leder mit dem Cutter sauber an den Polsternägel entlang absäbeln und erhielt einen schönen Abschluss.

Das ganze vier Mal und schon waren die Hocker fertig. Jeder erhielt noch einen Filzgleiter unter jeden Fuß und dann ab in die Küche. Seit der Fertigstellung sind sie in regem Gebrauch.

 

Zusammenfassung

Das Projekt zog sich über eine gute Woche hin, die Vorlaufzeit zur Bestellung des Leders und der Polsternägel nicht gerechnet. Da aber auch Phasen des Trocknens von Leim und Farbe dabei waren, ist die reine Arbeitszeit deutlich geringer, vielleicht drei Tage.

An Projektkosten entstanden hier:

Insgesamt entstanden die vier Barhocker also für rund 140 Euro, das entspricht 35 pro Stück. Für diesen Preis gibt es keine Hocker mit Zierprofil, Dübelverleimung, Echtlederbezug und auf Arbeitsplattenhöhe optimiert zu kaufen - insofern also eine lohnende Sache.

Wenn ich dieses Projekt nochmal machen würde, dann würde ich folgende Dinge verändern:

 

Ergänzung

In den Jahren nach der Veröffentlichung dieses Bauplans sagt mir die Zugriffsstatistik meiner Webseiten noch immer, dass dies die meistfrequentierte Projektbeschreibung ist. Da sich erfreulicherweise so viele Leute für dieses Projekt interessieren, habe ich hier nochmal ein paar Details und Fotos ergänzt.

Zunächst mal die Verbindungsstelle der unteren Querstreben mit den Beinen. Hier gab es einige Anfragen nach einem Bild der fertigen Verbindung, das ich hiermit nachliefere. Man erkennt hier, wie die Dübel verlaufen - zwei in eine Richtung, einer dazwischen in die andere. Außerdem ergibt sich durch die eingebrachte Hohlkehle ein schöner optischer Effekt, der das Hockerbein an der Verbindungsstelle dicker aussehen lässt als darunter und darüber.

Einen Blick unter den Hocker liefert das Bild rechts. Das Bezugleder ist an der Kante der zuvor aufgebrachten Polsternagelreihe abgeschnitten, ausfasernde Reste des Bezugvlies schauen hier und da noch hervor. Deren restlose Entfernung fand ich nicht so sehr wichtig, da man sie nicht sieht. Die Fixierung hat sich als dauerhaft haltbar erwiesen, bisher hat sich nichts gelöst oder gelockert.

Das ist um so erfreulicher, als dass der Küchensockel inzwischen zum Standard-Frühstücksplatz geadelt wurde. Wir haben Glasplatten auf heraus ragenden Stützen ergänzt, die ideale Sitzverhältnisse schaffen, da darunter genügend Raum für die Beine entsteht und das Tischniveau höher ausfällt, was beim Essen bequemer ist. Da inzwischen auch die Kinder älter sind, ist die Gefahr des Umkippens nicht mehr so akut, geklettert und geruckelt wird aber nach wie vor und die Hocker machen mit.

Hier rechts nochmal eine Seitenansicht des kompletten Werkstücks, wobei vor allem die geringe Höhe des Sitztellers besser sichtbar ist. Wie gesagt ist das ein Detail, das ich beim nächsten Mal ändern würde, da es etwas flach wirkt. Der Bequemlichkeit tut das aber keinen Abbruch, die Polsterung reicht für ihren Zweck satt aus.