Überseekoffer

Dieses Stück stammt aus der Kofferfabrik Horstmann & Sander in Hannover, ein über 120 Jahre altes Unternehmen, das heute vornehmlich Lederartikel fertigt.

Bei der Altersbestimmung hat mich das Unternehmen freundlicherweise unterstützt, die Truhe wurde zwischen 1900 und 1910 hergestellt. Sie kam zusammen mit dem Sperrholzkoffer - ein anderes Projekt - aus einem Nachlass zu uns.

Die Truhe ist einen Meter breit und jeweils 60 Zentimeter hoch und tief. Sie ist aus Holz und mit Sackleinen überzogen. Das Sackleinen war vielfach gerissen und mit Farbe überpinselt. Eigentlich wollte ich es erhalten und die alte Farbe abnehmen - ich habe es mit Schleifpapier versucht, was hinsichtlich der Farbe auch gut klappte, sie brach und bröselte und ließ sich dann gut absaugen. Die stark geschwächte Struktur des Leinens machte das aber nicht mit, sie zerbröselte leicht und war auf dem Weg nicht wieder herzustellen.

Vielleicht hätte es geklappt, wenn man die Leisten hätte abnehmen können - das ging aber weder bei den umgebenden Blechleisten, die aufgrund des starken Rostbefalls brüchig sind, noch bei den Holzleisten, die fest angenagelt waren. Es blieb nicht anderes übrig, als das Leinen an den losen Stellen festzukleben und das ganze zu überstreichen. Ich habe hierfür einen Schokobraun-Ton gewählt. Die Holzleisten wurden in mühsamer Kleinarbeit geschliffen - ein Job für den Dremel, alles andere war zu grob.

Das mühsamste an diesem Projekt war das umständliche Abkleben. Zuerst wurde das Leinen gestrichen, dann das Holz (Metall abkleben), dann das Metall (Holz und Leinen abkleben). Für das Holz wählte ich Kieferlasur, die Metallteile erhielten - was sonst - meinen Spezialton aus Kupfer und Schwarz.

Das Bild rechts zeigt den Wurmbefall auf Höhe des Schlosses, der auch vor dem Leinen nicht halt machte. Eine Behandlung mit Holzwurmmittel war daher der erste Schritt.

Mit Abschluss dieser Maßnahmen war ein tolles Dekorationsstück entstanden. Mehr aber auch nicht, denn innen war das Stück lediglich mit Papier verkleidet, was durch Wurm- und Wassereinwirkung weder schön aussah, noch sauber war. Das Projekt ging also in eine zweite Runde.

Zunächst habe ich große selbstklebende Schaumstoffmatten beschafft und die gesamte Truhe damit ausgekleidet. Nun war sie sauber und dazu noch mit einem weichen Grundmaterial verkleidet. Dann haben wir uns auf die Suche nach einem - möglichst blauen - samtig glänzenden Stoff begeben. Den fanden wir nur in grün, nicht mein Lieblingston, aber auch nett. Fünf laufende Meter sollten reichen und kosteten 9 Euro - zugleich die Gesamtkosten des Projektes. Ich habe zunächst versucht, den Stoff nach einem groben Zuschnitt mit Sprühkleber zu fixieren. Der neigte aber dazu, bei zu viel Auftrag den Stoff zu durchnässen und damit zu verderben und bei zu kleiner Menge hielt er nicht.

Als effektiver erwies es sich, eine Rahmung aus Holzleisten einzubringen. Die konnte mit dem Holz des Basiskastens verschraubt werden, was die Holzleisten fest in den Schaumstoff zieht und einen sehr attraktiven 3D-Effekt erzeugt. Dazu war der Bezug absolut fest und glatt fixiert und der Rahmen verdeckt sauber die Kanten des Bezuges. Insgesamt wurden nur drei Stoffteile verwendet: Deckel, Rückseite, Boden und Front sind mit einer Stoffbahn verkleidet, zwei weitere verkleiden die Innenseiten. Das Holz der Innenverkleidung blieb unbehandelt.

Mit diesem Ergänzungsschritt kann der Koffer heute auch zur Lagerung von Kleidung und anderen Dingen benutzt werden - auch war er ein beliebtes Spielzeug, denn zwei kleine Kinder passen problemlos hinein. Nur hat der Deckel eine übergreifende Metallkante, die beim Herunterfallen problemlos einen Buntstift durchbricht. Das macht das Stück gefährlich für unbeaufsichtigte Kinderspiele, daher haben wir das nur einige Male unter Aufsicht erlaubt - zum Glück ließ die Spannung daran bald nach.